Ausschnitt aus: Geschichte des deutschen Films
Christine Noll Brinckmann
Verlag J.B.Metzler | 1993


[…] Klaus Telscher und Stephan Sachs haben öfter zusammengearbeitet; so fungiert zum Beispiel Telscher als romantischer Bergwanderer in Sachs PARAMAOUNT (1988), während Sachs in Telschers HER MONA (1992) als besinnliche männliche Geisha posiert.
Stephan Sachs hat sich 1986 mit LE DAUPHIN einen Namen gemacht, einem Film, der sich vor allem durch seine dynamische Bewegung auszeichnet. Elemente der Flora und Fauna werden von einer mobilen, gelenkigen Kamera durchstreift, die erotische Assoziationen freisetzt, aber zugleich die Gegenständlichkeit der Fotografie in fast abstrakte Kompositionen aus Form und Farbe überführt. Sachs arbeitet hier mit der optischen Bank, um jede Nuance zu kontrollieren. LE DAUPHIN entfaltet eine psychedelische, nachgerade taktile sensuelle Üppigkeit, die Essenz von Exotarien und Treibhäusern, wie sie im strengeren Stil der siebziger Jahre nicht denkbar gewesen wäre.
Ein späterer Film von Sachs, der bereits erwähnte PARAMAOUNT, fällt, ähnlich manchen Werken Telschers, nur noch zum Teil in den Bereich des (formalistischen) Experimentalfilms: eine Folge der gegenwärtigen Tendenz, inhaltlich-essayistisch-ideologiekritisch zu arbeiten, und gleichzeitig eine Folge der Lust vieler Filmemacher, gefundenes Material mit selbstgedrehten Szenen zu durchmischen, sodaß ein gedanklicher Diskurs entsteht. Im Falle von PARAMAOUNT geht es darum, Bergsteiger-Ideologien, Kulturgut aus der europäischen Romantik und aus dem Faschismus hevorzutreiben und den Männlichkeitswahn vom einsamen Helden in der Natur zu entlarven: beides geschieht auf sehr gescheite Weise und mit einem Schuß Faszination.

»Der Delphin, nach dem der Film seinen Namen hat, ist nur einen Schwanzschlag sichtbar.«
(Eva M. J. Schmid: Le Dauphin Bericht Oberhausen 1986).

»Der neugierige Blick auf den eigenen Blick, lustvoll und kritisch, eine
selbstgeschaffene Distanz, erlaubt es, an der Oberfläche der eigenen Bilder zu kratzen.«
(Stephan Sachs in: Found Footage Film. Luzern 1992).