und sahen, was zu machen war...
Geschichtsbilder

Eva Hohenberger
Filmdienst 1/95 | 1995

Von einem Film, der damit beginnt, Arbeiter zu beobachten, die irgendwas aus Styropor aussägen, ohne daß man mehr darüber wüßte als daß dies im April 1991 geschah, erwartet man nicht unbedingt. daß er von Geschichte handelt Doch Stephan Sachs zeigt in seinem Film „... und sahen was zu machen war...“nicht nur die Wiedererrichtung des Kaiser Wilhelm-Denkmals am deutschen Eck in Koblenz, sondern er untersucht zugleich die historischen Ausprägungen und Darstellungsweisen dessen, was dieses Denkmal repräsentiert: imperialen Machtanspruch und deutschen Größenwahn. Sachs' Fragen an die deutsche Geschichte sind Fragen über Wahrnehmungsweisen, und sic sind einem Seminar zum Thema Krieg und Kino entlehnt. Wie werden Blicke gerichtet? Um welche Repräsentanzen wird der Krieg geführt? Wie setzt sich Macht ins Bild? Sachs antwortet mit dem ironischen Nachvollzug deutscher Selbstdarstellungen: ein Arbeiter klettert auf das Denkmal wie ein Bergsteiger in einem Film von Arnold Fanck; der Bronzeguß wird minuziös erläutert wie in einem Lehrfilm; in der Gießerei erschallt ein Lied, gesungen von Ernst Busch Heldenpathos, Arbeitsethos, die Vermittlung von Wissen als autoritärer, gerichteter Akt - Sachs legt frei, was das Denkmal an ideologischen Schichten inkorporiert. Dabei konzentriert er sich einerseits minuziös aufs Handwerkliche, beobachtet, wie das Reiterstandbild aus seinen Formen und Einzelteilen entsteht. Gleichzeitig kritisiert er in zahlreichen Exkursen zur Geschichte des Denkmals die mit seiner Wiederrichtung verbundene Restauration deutschnationalen Selbstbewußtseins. Die Montage als Prinzip des Aufbaus von Denkmal und Film wird so zur Demontage des Gezeigten. Jedes Zitat, jede Anspielung trägt den Widerspruch in sich. Wenn das Denkmal am Ende per Schiff prozessionsartig über den Rhein gefahren und auf seinen Sockel gehoben wird, wenn der Kunstmäzen Peter Ludwig in einer Rede seine im Krieg in Koblenz umgekommene Mutter beschwört und den amerikanischen Soldaten der das Denkmal 1945 vom Sockel schoß als „schäbig und kulturlos“ bezeichnet, Wenn dieser selbst die Wiedererrichtung begrüßen läßt und eine schöne Feier wünscht, dann wird die Ironie von Sachs' filmischem Verfahren an die Realität zurückgegeben. Wäre es allen Beteiligten nicht so bitter ernst, man müßte über diese Realsatire aus vollem Herzen lachen.